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Artus

Wie alles begann I


König Vortiger beim Bau seines Schlosses
(Illustration von Alan Lee, 1984)

In uralter Zeit herrschte in Britannien König Vortiger. Er war das Oberhaupt des kriegerischen Stammes der Gewisseer, der im Südosten von Wales siedelte, klug und ehrgeizig und ein tapferer Krieger, und er hatte längst beschlossen, einst König von Britannien zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, war ihm jedes Mittel recht und als König Konstantin, der zehn Jahre regiert hatte, durch einen Piktendolch sein Ende fand, hielt er seine Zeit für gekommen. Er nutzte seine Einfluss zunächst, um Konstantins Sohn Konstans auf den Thron zu bringen, ließ diesen aber bald darauf ermorden. Um den Schein zu wahren, ließ er auch die Mörder aufspüren und köpfen, so war der Weg auf den Thron für ihn frei. Niemand wagte sich ihm zu widersetzen, wer es tat, lebte nicht lang.

Einigen getreuen Rittern jedoch gelang es, die beiden jungen Brüder des ermordeten Königs übers Meer nach Kleinbritannien in Sicherheit zu bringen. Ihre Namen waren Aurelius Ambrosius und Uther.

Scheinbare Ruhe herrschte in Britannien, doch insgeheim begannen sich einige mächtige Grafen und Barone gegen Vortigers Willkürherrschaft aufzulehnen. Ihre Zahl wuchs, und Vortiger begann zu fürchten, dass er das gleiche Schicksal erleiden möchte, das er seinen Vorgängern selbst bereitet hatte. Und noch vor etwas anderem fürchtete er sich: der Anderwelt und ihren Geschöpfen. Zwar war das Christentum schon nach Britannien gekommen, doch der alte Glaube der Kelten war noch immer mächtig. Und gegen die dunklen Mächte gab es keinen Schutz! So versammelte er zwölf Weise um sich und befragte sie nach seiner Zukunft. Sie prophezeiten ihm einen Aufstand und so kam es auch, doch mit Hilfe der Sachsenführer Hengist und Horsa schlug er ihn nieder. Als Preis für diese Hilfe jedoch forderten die Sachsen die Grafschaft Kent. Doch das Land war in Aufruhr und blieb es auch. Vortiger wurde nach Wales vertrieben, wo ihm eine Prophezeiung sagte, dass er auf dem Berge Erith einen Turm bauen und sich darin einschließen solle. Vortigern nahm also das Vorhaben in Angriff.

Auf dem Erithberg, der eigentlich nur ein merkwürdig geformter Hügel war, begann ein emsiges Treiben. Eine riesige Grube wurde ausgehoben, Felsblöcke für Grundmauern aufgeschichtet, schwere Balken herbeigeschleppt, Steine wurden behauen und zusammengefügt. Unbarmherzig wurden die Arbeiter angetrieben. Doch um die Mitte der dritten Nacht geschah etwas: ein furchtbares Getöse erhob sich, der Hügel erzitterte wie bei einem Erdbeben und die entsetzt herbeigeeilten Menschen sahen, dass die eben errichteten Grundmauern eingestürzt und in die Tiefen der Grube versunken waren. Drei Nächte hintereinander ging das nun so, was am Tage errichtet wurde, musste am nächsten Morgen erneut wieder aufgerichtet werden. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen! Irgendjemand oder Irgendetwas schien den Bau des Turmes, der den König retten sollte, verhindern zu wollen! Voller Verzweiflung berief Vortiger wieder seine Ratgeber zu sich, doch diesmal konnte niemand ihm helfen, bis endlich jemand auf die alte Tradition verwies, in einem solchen Falle, wo das Bauwerk nicht halten wollte, einen vaterlosen Jüngling in das Fundament mit einzumauern. Alle Anwesenden waren entsetzt, kannten doch alle dieses Relikt aus uralter heidnischer Vorzeit; doch sie alle wussten auch von dem jungen Mann, den niemand kannte und der an der Küste in der Hütte eines armen Fischers lebte. Niemand wusste, woher er gekommen war oder wer seine Eltern waren. Er war eben da und auf neugierige Fragen erhielt man nur die Antwort, dass die Mutter des Jungen eine Königstochter aus Demetien sei und er seinen Vater nicht kenne. 

Der Name des jungen Mannes, der den Leuten so unheimlich und verschlossen vorkam, war Merlin. Irgendeinmal erfuhr er durch Zufall von den bösen Gerüchten, die sich um ihn rankten. Er lachte darüber, doch war es kein frohes Lachen, hatte er doch schon lange das Gefühl, dass etwas mit ihm anders sei als mit anderen Menschen, als sei da noch ein Fremder in ihm, der viel mehr als er über Vergangenheit und Zukunft wisse als er und der Dinge tun konnte, die von den anderen Menschen für Teufelswerk und Zauberei gehalten wurden. An diesen unglücklichen jungen Mann nun dachten die königlichen Ratgeber. Und der König dachte auch an ihn. Doch als Merlin vor Vortiger stand- ein fast unirdisch schöner Jüngling, schlank, hochgewachsen, mit langem schwarzen Haar, das in der Sonne wie Rabengefieder glänzte und Augen, die weder blau noch grau noch grün waren sondern alles zugleich und glitzernd wie Eis- war er kein Opfer, sondern erteilte Ratschläge. Bei einer Besichtigung der Turmruine hatte er die Ursache der Störung erkannt: zwei Drachen, die durch den Baulärm aufgeschreckt worden waren und begonnen hatten, miteinander zu kämpfen. Merlin empfahl nun, den unterirdischen See abzulassen, in dem die Drachen hausten und diese dann zu entfernen. So wurde es getan; doch auf die Frage woher er das alles gewusst habe, konnte er nur zur Antwort geben, dass er möglicherweise schon älter sei als diese Geschöpfe. Und hinter der glatten Oberfläche seines Gesichts wirkte er auf einmal sehr, sehr alt ...

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