Östliche Mythologie
China |
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Die Erschaffung der Menschen I

Der geflügelte Donnergott Lei Gong
(Holzschnitt, 19. Jhd.)
Die Göttin Nu Gua wanderte nach der Entstehung von Himmel und Erde über
das Land. Vielen Tieren begegnete sie, dennoch fühlte sie sich einsam,
denn es fehlte ihr an Gefährten. Da kam ihr der Gedanke, Wesen nach ihrem
Ebenbild zu schaffen. Sie nahm eine Handvoll Schlamm vom Ufer eines Teichs
und formte daraus Körper mit Armen und Beinen. Als sie diese auf den Boden
stellte erwachten sie zum Leben. Es gefiel ihr, was sie sah, und so
erschuf sie noch viele mehr bis die Sonne unterging. Dann legte sie sich
zum Schlafen nieder. Am nächsten Morgen erschuf die Göttin weitere
Hunderte von diesen Wesen. Doch schon bald sah sie ein, dass sie mit
dieser Vorgehensweise es niemals schaffen würde, die ganze Welt mit ihnen
zu bevölkern. Da nahm sie ein Seil, zog es durch den Schlamm und
wirbelte es über ihren Kopf. In alle Richtungen fielen kleine Klumpen auf
den Boden und sobald sie diesen berührten, verwandelten sie sich in
Menschen. Auf diese Weise gelang es ihr, unzählige Menschen zu erschaffen.
Die Wesen, die sie mit eigener Hand geformt hatte, stellten Aristokraten
und Herrscher dar. Diejenigen, die aus dem herumwirbelnden Seil entstanden
waren, stellten die Bauern dar. Viele Jahre erfreute sie sich an
ihren Geschöpfen. Doch dann kam es zu einem Streit zwischen dem Geist des
Wassers Lei Gong und dem Geist des Feuers Jurong. Nach ihrem erbitterten
Kampf erlitt der Himmel Schaden und ein Teil fiel zur Erde herab. Risse
entstanden im Boden. Sonne, Mond und die Sterne wurden in eine Umlaufbahn
gestürzt, die sich bis heute nicht mehr geändert hat. Fluten bedeckten die
Ebenen und Feuer wütete in den Wäldern. Die Menschen befanden sich in
großer Angst. Nu Gua sah ihre Not und handelte schnell. Zunächst
schmolz sie Steine aus den Flüssen, um das Loch im Himmel zu reparieren.
Dann nahm sie eine Schildkröte, schnitt ihr die vier Beine ab und stellte
sie an den vier Ecken der quadratischen Erde auf, um das Himmelsgewölbe zu
stützen. Dann baute sie Dämme, um das Hochwasser in die Schranken zu
weisen. So kehrte die Ordnung auf die Erde zurück und die Menschen lebten
wieder in Frieden.
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