Römische Mythologie
Aeneas |
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Auf Italiens Boden

Die Ankunft des Aeneas in Pallanteum
(Illustration von Claude Lorrain, 1675)
Schließlich landete Aeneas mit seinen Gefährten an der Westküste
Italiens, nahe der Tibermündung. Hier, im Lande Latium, herrschte der
schon sehr alte König Latinus. Aeneas ließ die Schiffe auf das Land
treiben und suchte unter den schattigen Bäumen Erholung nach der
anstrengenden Reise. Hungrig bereiteten sie sich Speisen zu. Weil sie zu
faul waren, ihr Essgeschirr vom Schiff zu holen, buken sie Weizenfladen,
auf denen sie die Speisen servierten. Als ihr kleiner Vorrat verzerrt war,
aßen sie auch die Weizenfladen auf. Da sprach der kleine Askanios lachend:
"Wir verzehren ja unsere eigenen Tische." Erregt sprang Aeneas auf und
dankte dem Gott Jupiter dafür, dass er die einst so schreckliche
Prophezeiung der Harpyien so gnädig gewendet hatte. Schon bald
hielten sie Einzug in die prächtige Stadt des Königs Latinus. Der war
beeindruckt von der schönen Gestalt und dem edlen Gemüte des Aeneas. Ein
Orakelspruch hatte ihm verheißen, dass aus der Fremde sein Eidam kommen
würde, dessen Nachkommen die Welt beherrschen sollten. Und so versprach er
seine Tochter Lavinia dem Aeneas zur Frau. Doch dies gefiel der
Gattin des Latinus nicht. Ihr großer Wunsch war es nämlich, ihre Tochter
mit Turnus, dem Königssohn der benachbarten Rutuler, zu vermählen. Dieser
hatte bereits um Lavinias Hand beim König geworben. Daher säte sie
Misstrauen zwischen ihrem Gemahl und Aeneas. Und auch Turnus rüstete zum
Krieg, um den frechen Eindringling zu vertreiben. Schon bald entbrannte
ein heftiger Krieg. Dieser wurde erst beendet, als Aeneas Turnus im
Zweikampf besiegte. Auch den Zwist mit dem König Latinus konnte er
beseitigen. Und so heiratete Aeneas endlich die schöne Lavinia. Mit dem
Tod seines Schwiegervaters wurde er der neue König in Latium. Den
Rutulern wurmte jedoch die Niederlage, die sie erlitten hatten. Und so
verbündeten sie sich mit den Etruskern und griffen die Latiner erneut an.
Wild wogte die Schlacht hin und her. Erneut konnten die Trojer zusammen
mit den Latinern siegen. Aber sie mussten dafür einen hohen Preis
bezahlen. Denn ihr geliebter König Aeneas wurde von den Fluten des Flusses
Numikus mitgerissen und nie wieder gesehen. Aeneas Sohn Askanios
wurde der neue König. Dieser gab sich bald darauf nach seiner troischen
Heimat Ilos den Namen Iulus. Er schaffte es, Frieden zwischen den
Etruskern und den Latinern zu stiften. So wuchs die Stadt Lavinium stetig,
bis ihre Mauern zu klein wurde für die vielen Bewohner. Da verließ Iulus
die Stadt und gründete am Fuße der Albanerberge Alba Longa, die "lange
weiße" Stadt. Von hier aus regierten mehr als dreihundert Jahre seine
Nachkommen über die Landschaft in den Flussniederungen des Tiber.
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