Griechische Mythologie
Prometheus |
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Ein Adler frisst die Leber von Prometheus (Lakonische Schale, 550 v. Chr.)
Alles hatte nach der Entstehung der Welt seinen Platz gefunden. Himmel und
Erde hatten ihr festes Gefüge, die Flüsse und Meere sich in ihren Ufern
eingefunden. Viele Arten von Tieren bevölkerten die Lüfte, das Meer und den
Erdboden mit ihrem fröhlichen Gewimmel. Jedoch fehlte noch ein Geschöpf, das
diese neue Welt mit seinem Geist beherrschen könnte. Da betrat
Prometheus die Erde, ein Sohn aus dem alten Göttergeschlecht der Titanen, das
einst von Zeus entmachtet und in den Tartaros verbannt worden war. Er hatte die
Klugheit seines Vaters Japetos geerbt und wusste daher von dem göttlichen Samen,
der im Boden schlummerte. Er nahm Ton und formte aus diesem Ebenbilder der
Götter. In ihnen schloss er gute wie schlechte Eigenschaften ein, die er allen
Tieren der Welt entnommen hatte. Die Göttin Pallas Athene bewunderte sein Werk
und beschloss, den Gestalten mit ihren göttlichem Atem den Geist einzuhauchen.
So entstanden die ersten Menschen. Schon bald bevölkerten sie in großer
Zahl die Erde. Doch taumelten sie wie im Traume durch die Welt, denn sie wussten
nicht wie zu sehen, zu hören, die Dinge um sie herum mit ihren Sinnen zu
verstehen und mit ihren Händen Dinge zu erschaffen. Als Prometheus dies
bemerkte, unterwies er sie in den Gebrauch all ihrer Gaben. Sie lernten den Lauf
der Gestirne, die Kunst des Erzählens und der Buchstaben, die Tiere zu
unterwerfen und für ihre Zwecke einzuspannen. Bald verstanden sie es, Steine und
Ziegel herzustellen, Holz zu fällen und feste Häuser zu errichten. Auch zeigte
er ihnen die Schätze unter die Erde und sie entdeckten Erz, Silber und Gold. Das
Feuer jedoch konnten sie nur von den Göttern selber erhalten. Die Götter
wurden schließlich auf das Menschengeschlecht aufmerksam. Sie sollten Schutz von
ihnen erhalten, wenn die Menschen sie verehren würden. Bereitwillig nahmen die
Menschen dieses Angebot an und schickten Prometheus als ihren Vertreter zu den
Göttern. Er sollte ihre Opfergaben überbringen. Prometheus ließ sich von
seiner Klugheit verleiten und betrog Zeus mit den Opfergaben. Doch Zeus
durchschaute in seiner Allwissenheit die Täuschung und verwehrte in seinem Zorn
den Menschen die göttliche Gabe des Feuers. Prometheus jedoch überlegte
sich eine neue List. Er näherte sich mit einem leicht entflammbaren Stängel dem
vorbeifahrenden Wagen des Sonnengottes Helios und fing damit das Feuer ein. Mit
dieser Fackel eilte er zu den Menschen und brachte ihnen so diese göttliche
Gabe. Zeus wurmte es sehr, als er sah, mit welcher Gabe die Menschen nun
ausgestattet waren. Er wollte Rache. Die Macht des Menschengeschlechtes musste
unbedingt begrenzt werden. Und so ließ er Hephaistos, den Gott des Feuers und
der Schmiedekunst, eine wunderschöne Jungfrau schaffen, die von den Göttern mit
unheilvollen Gaben ausgestattet wurde. Sie hieß Pandora, die Allbeschenkte. Als
sie unter die arglosen Menschen trat, wurde sie von allen bewundert. Epimetheus,
der Bruder des Prometheus, nahm sie bei sich zu Hause auf. Dafür schenkte sie
ihm eine Büchse, die er in seiner Gutgläubigkeit annahm und öffnete. Kaum war
der Deckel der Büchse gelöst, da entflohen dieser alle Krankheiten und
verbreiteten sich blitzschnell unter den Menschen. Eine einzige gute Gabe war
auf dem Boden der Büchse versteckt, nämlich die Hoffnung. Doch bevor diese auch
entweichen konnte, schlug Pandora den Deckel wieder zu und verschloss die Büchse
für immer. Die Krankheiten und das Elend traten heimlich und schweigend an die
Menschen heran, denn Zeus hatte ihnen die Stimme versagt. Die Menschen waren
dagegen wehrlos und starben zahlreich. Nicht nur die Menschen sollten
bestraft werden, sondern auch Prometheus, der ihnen das Feuer gebracht hatte. Er
wurde von Zeus Knechten gefangen genommen und in der schlimmsten Einöde des
Kaukasus verschleppt. Dort schmiedeten sie ihn mit unlösbaren Ketten des
Hephaistos über einen schaurigen Abgrund an einen Felsen. Ohne Speisen und Trank
und ohne Schlaf musste er dort ausharren. Jeden Tag kam ein Adler und fraß von
seiner Leber, die sich erneuerte, da er unsterblich war. Vergeblich flehte er
um Gnade. Wind und Wolken, die Sonne und die Flüsse machte er zu Zeugen seiner
Pein. Doch Zeus blieb unerbittlich. Und so sollte seine Qual viele Jahrhunderte
dauern bis der Held Herakles ihn aus Mitleid erlösen würde.
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