Östliche Mythologie
Japan |
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Izanami und Izanagi
Izanami und Izanagi
(Holzschnit, 19. Jahrhundert)
Am Anfang gab es keine Trennung von Himmel und Erde, alles
war eins, eine chaotische Masse in Form eines Eis. Der reine und
klare Teil erhob sich zum Himmel, der schwere und festere Teil
senkte sich herab und wurde zur Erde. Alles trieb noch auf der
Oberfläche des Ur-Ozeans. Da traten die ersten drei Götter in
die Welt. Es waren die Gottheiten des Himmels und der
schöpferischen Kräfte. Dann folgte die vierte Gottheit in
Gestalt eines Schilfrohrschösslings, die Leben aus dem Ur-Ozean
keimen ließ. Die fünfte Gottheit errichtete die himmlische
Sphäre. Diese ersten Fünf waren die himmlischen Götter.
Nach und nach entstanden weitere zwölf Gottheiten. Zuletzt
traten die Geschwister Izanagi und Izanami in die Welt. Diese
beiden erhielten von den himmlischen Göttern die Aufgabe, die
Erschaffung des Festlandes zu beenden. Zu diesem Zwecke
überreichten sie ihnen eine mit Juwelen geschmückte himmlische
Lanze. Auf einem Regenbogen stehend tauchten sie die Lanze in
den Ozean und rührten ihn um. Als sie die Lanze wieder aus dem
Wasser heraushoben, tropfte von der Spitze Salz herab, das zu
einer Insel gerann. Izanagi und Izanami stiegen aus dem Himmel
auf die Insel herab und errichteten darauf einen wunderschönen
Palast und einen himmlischen Pfeiler. Hier nun erkannten
sie, dass sie von unterschiedlichem Geschlecht waren. Da
umkreisten sie den himmlischen Pfeiler, der Mann von links und
die Frau von rechts, um so bei ihrem Zusammentreffen den Eheakt
zu vollziehen. Izanami war so entzückt, über die Schönheit von
Izanagi, dass Worte der Freude entschlüpften. Izanagi war jedoch
zornig darüber, dass sie zuerst gesprochen hatte. In diesem Zorn
zeugten sie zwei Kinder, die mit Gebrechen behaftet waren.
Sie kehrten beide in den Himmel zurück, um Rat bei den Göttern
zu bitten. Diese sagten, dass das Unglück nur deswegen geschehen
ist, weil die Frau zuerst gesprochen habe. Daraufhin gingen sie
wieder auf die Insel und umkreisten erneut den Pfeiler. Diesmal
sprach Izanagi zuerst und bewunderte seine schöne Frau, die
seine Bewunderung erwiderte. Sie zeugten viele Nachkommen.
Darunter auch Oh-yashima-guni (Japan) und die kleineren Inseln
des japanischen Archipels. So entstand das Festland. Als
diese Aufgabe abgeschlossen war, zeugten sie zahlreiche
Gottheiten. Bei der Geburt des Feuergottes wurde Izanami so
schwer verbrannt, dass sie starb und in die Unterwelt einkehrte.
Traurig begrub Izanagi seine geliebte Frau auf dem Berg Hiba.
Dem Feuergott schlug er seinen Kopf ab, aus dessen Blut und
Körper weitere Gottheiten entstanden. Izanagi wollte
sich nicht mit dem Tod seiner Frau abfinden und ging er nach
Yomi, in das Reich der ewigen Finsternis. Dort bat er seine
Frau, wieder in das Reich der Lebenden zurückzukehren. Diese
antwortete ihm: "Oh, mein geliebter Mann, du kommst zu spät,
denn ich habe schon von den Speisen Yomis gekostet und bin
dadurch zu eine der Seinen geworden. Doch will ich mit den
Göttern Yomis sprechen. Bis dahin darfst du nicht in mein
Antlitz schauen!" Aber er hielt sich nicht an das Verbot und
entzündete eine Fackel. Wie erschrak er da vor dem Angesicht
seiner einst so lieblichen Frau. Maden hatten ihren Körper
zerfressen und Schlangen von ihr Besitz ergriffen. Da floh er
aus Yomi. In die Menschenwelt zurückgekehrt wusch er
sich sogleich in einem Fluss den Schmutz der Unterwelt vom
Körper. Dabei entstanden seine Kinder Amaterasu, Tsukuyomi und
Susano. Amaterasu, die Sonnengöttin, beauftragte er mit der
Herrschaft über den Himmel. Tsukuyomi, dem Mondgott, übergab er
die Herrschaft über die Nacht und Susano, der Sturmgott, sollte
über das Meer herrschen.
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