Griechische Mythologie
Die Odyssee |
 |
Die Kikonen und die Lotusesser

"Doch es gefällt dir jetzt, nach meinem traurigen Schicksal Mich zu
fragen, damit ich noch mehr beseufze mein Elend. Aber was soll ich dir
zuerst, was soll ich zuletzt dir erzählen? Denn viel Elend häuften auf mich
die himmlischen Götter! Nun aber will ich zuerst meinen Namen sagen, damit
ihr Wisst, wer ich bin, und ich, solang' mich der grausame Tag schont,
Künftig euch Gastfreund sei, so fern ich von hinnen auch wohne. Ich bin
Odysseus, Laertes' Sohn, durch mancherlei Klugheit Unter den Menschen
bekannt; mein Ruhm reicht bis in den Himmel." (Odyssee, Neunter Gesang, Vers
12-20, Homer) Nachdem die einst so ruhmreiche Stadt Troja gefallen
war, eilten die Griechen nach Hause. Ein Sturm trieb die Schiffe des Odysseus an
die Küste der Kikonen, die Verbündete der Trojaner waren. Odysseus überfiel die
Stadt Ismaros und plünderte sie. Danach drängte er darauf, ihre Reise
fortzusetzen. Aber seine Gefährten hörten nicht auf ihn. Stattdessen feierten
sie mit Wein und Ziegen einen Festschmaus am Ufer. Aus dem Landesinneren eilten
derweil weitere Kikonen herbei und überraschten die Ahnungslosen. Die Griechen
wehrten sich beherzt gegen die Übermacht und mussten schließlich weichen. Viele
tapfere Gefährten starben an diesem Tag. Traurig setzten sie daher ihre Reise
fort. Als sie die Pelopsinsel umsegeln wollten, warf ein schlimmer Sturm
sie wieder auf die offene See zurück. Neun Tage trieben sie umher, bis sie an
das Ufer der Lotophagen gelangten. Dort nahmen sie frisches Wasser auf. Odysseus
sandte zwei Kundschafter zu dem friedlichen Volk, das sich von der Lotosfrucht
ernährte. Sie wurden von den Lotophagen freundlich empfangen, die den Griechen
ihre Früchte zu essen gaben. Der Verzehr dieser Frucht bewirkte jedoch, dass sie
jeglichen Drang zur Heimkehr verloren. Nur mit Gewalt konnte Odysseus die Männer
zum Schiff zurückbringen. Sofort setzte er die Segel, bevor noch andere von
dieser Frucht essen und ebenfalls ihre Heimat vergessen würden.
weiter » |