Nordische Mythologie
Gudrun |
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(K. Dielitz, um
1900)
Das
Mittelhochdeutsche Epos mit dem Titel "Kudrun" ist im
"Heldenbuch an der Etsch" erhalten, in dem Hans Ried
in Bozen 1504 bis 1516 im Auftrage Kaiser Maximilians alte
Dichtungen sammelte. Die Handschrift des Heldenbuches kam
später in die Ambraser Sammlung und befindet sich heute in der
Nationalbibliothek in Wien.
Gudrun ist sechzehn Jahre alt und im Ruf
überragender Schönheit, als die Freier bei ihren Eltern,
König Hettel von Hegelingen und Hilde, der Tochter König
Hagens von Irland, vorstellig zu werden beginnen. Doch schon wie
zu Zeiten bei ihrer Mutter gibt es Probleme. Deren Vater Hagen,
als Kind vom Vogel Greif entführt und auf einer einsamen Insel
aufgewachsen, auf der er einen Drachen erschlagen und durch das
Trinken dessen Blutes übermenschliche Kräfte erhalten hatte,
war keiner der Bewerber um die Hand seiner Tochter gut genug
gewesen und viele hatten ihre Brautwerbung schon mit dem Leben
bezahlen müssen, als es endlich durch eine List gelang, Hilde
der Obhut ihres Vaters, die sie zunehmend als einengend
empfunden hatte, zu entreißen und Hettel als Braut zuzuführen.
Der erste Freier Gudruns nun ist der unermesslich
reiche König von Morland, ein Schwarzer, der, als ihm Gudruns
Hand verweigert wird, bittere Rache schwört, sollte sie jemals
einen anderen, hellhäutigeren Mann ehelichen.
Zur selben Zeit wird Hartmut, der Sohn
König Ludwigs von der Normandie, von seiner Mutter Gerlind
aufgestachelt, um Gudrun zu werben. Doch auch seine Boten werden
abgewiesen, da sein Vater einst nur ein Lehnsmann König Hagens
gewesen war. Unter falschem Namen reitet Hartmut nun persönlich
zur Burg König Hettels, um persönlich um Gudrun zu werben. Er
gewinnt ihre Freundschaft, doch als er ihr seine wahre
Identität offenbart, steht immer noch das Wort ihrer Eltern
zwischen ihnen und um seiner eigenen Sicherheit willen muss er
die Burg verlassen. Gerlind drängt daraufhin zum Krieg gegen
die Hegelingen, um die erlittene Schmach zu rächen.
Doch in der Zwischenzeit trifft noch ein
Gast auf König Hettels Burg ein: Herwig, der junge König des
eher kleinen und armen Seeland. Bei ihm und Gudrun ist es Liebe
auf den ersten Blick. Auch er wird abschlägig beschieden,
wiederholt jedoch seine Werbung noch zweimal. Als er
abschließend wieder eine negative Antwort erhält, sagt er, der
König des kleinen, armen Seeland, dem mächtigen und reichen
Hegelingen die Fehde an, die dann durch einen Zweikampf der
Könige entschieden werden soll. Gudrun stiftet Frieden und
alles endet mit der Verlobung Gudruns und Herwigs, der nach
einem Jahr die Hochzeit folgen soll.
Die Kunde von der Verlobung erreicht Morland, dessen König unverzüglich zum Rachefeldzug gegen
Hegelingen und Seeland rüstet. Der erste Schlag des Krieges
geht gegen Seeland. Hettel und sein Gefolge, darunter Gudruns
Bruder Ortwin, eilen dem bedrängten Königreich zu Hilfe. Die
Moren, gegen die Übermacht chancenlos, verschanzen sich in
einer befestigten Burg, die daraufhin von den vereinten Heeren
belagert wird.
Mittlerweile jedoch hat man auch in der
Normandie Nachricht von der Verlobung erhalten. Hartmut zieht
daraufhin mit einem Heer gegen das nunmehr ungeschützte
Hegelingen. Gudrun wird mitsamt ihren Frauen in die Normandie
entführt.
Hettel, Herwig und der König von
Morland verbünden sich gegen die Entführer und konfiszieren
Pilgerschiffe, um möglichst schnell die Verfolgung aufnehmen zu
können. Sie stellen die Feinde und es kommt zu einer
mehrtägigen Schlacht, in der viele gute Recken beider Seiten
sterben, darunter auch König Hettel. Schließlich fliehen die
Normannen feige und uneinholbar heim, die andere Seite hat zu
viele Krieger verloren, um weitere Schritte zur Rettung der
Frauen unternehmen zu können. Doch sie sinnen auf Rache und
neuen Krieg, wollen warten, bis eine neue Generation von
streitbaren Rittern herangewachsen ist, um Gudrun zu guter Letzt
doch noch wieder heimzuholen.
Diese ist nun eine Gefangene am
Normannenhofe, mit Hartmuts Schwester Ortrun als einzige
Freundin. Als Gudrun sich nach der eingeräumten Trauerzeit
immer noch weigert, Hartmut zu heiraten, verlässt dieser den
Königshof für einige Zeit und vertraut sie der Obhut seiner
Mutter an. Damit beginnt Gudruns Leidenszeit. Gerlind entzieht
ihr ihre Mägde und zwingt sie, selber Mägdedienst zu tun, um
ihren Stolz zu beugen. Doch Gudrun lässt sich auch durch
härteste Arbeit nicht beugen und bleibt ihrem
Verlobungsgelöbnis treu. Auch dann noch, als sie, nachdem sie
zwischenzeitlich sämtliche Privilegien zurückerhalten hat,
schließlich gezwungen wird, über zwei Jahre hinweg die gesamte
Wäsche des Königlichen Haushalts am Strand zu waschen.
Dies führt jedoch schließlich zum
Wiedersehen mit Bruder und Verlobtem, da mittlerweile in der
Heimat neue Krieger nachgewachsen sind, die nun zur Rettung
eilen. Als sie Gudrun in der unwürdigen Situation antreffen,
beschließt diese jedoch, sich nicht einfach aus der
Gefangenschaft fortzustehlen, sondern kehrt in die Burg zurück
und nimmt nun zum Schein Hartmuts Antrag endlich an, woraufhin
sie sofort wieder in alle Rechte und Würden wiedereingesetzt
wird, die einer künftigen Königin zustehen.
Es folgt ein böses Erwachen für die
Normannen, denn vor dem Burgtor steht am nächsten Morgen eine
vielfache Feindesübermacht. Es entbrennt ein heftiger Kampf, in
dessen Verlauf sich Gudrun auf Ortruns Bitte hin für das Leben
Hartmuts einsetzt, der dann kapituliert. Da sein Vater in der
Schlacht gefallen ist, ist er nun der neue König. Frau Gerlind,
die bei Gudrun Schutz sucht, kann jedoch nicht gerettet werden
und wird enthauptet.
Endlich geht es nun für Gudrun
heimwärts. Hartmut und Ortrun werden als Geiseln mit nach
Hegelingen genommen, wo Hilde dann schließlich voller Freude
ihre Tochter wieder in die Arme schließen kann. Ortrun wird von
ihr begnadigt, Hartmut jedoch wird ins Verlies geworfen. Nach
und nach entspinnt sich aber eine Liebesbeziehung zwischen
Ortwin und Ortrun, und als Gudrun endlich ihren Herwig heiratet,
heiratet auch der König der Hegelingen die Schwester seines
ehemaligen Feindes und legt so den Grundstein für fernere
Freundschaft zwischen den beiden Reichen. Unbehelligt kann
Hartmut als König in die Normandie heimkehren.
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