Griechische Mythologie
Die Odyssee |
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Odysseus Heimkehr
Athene verwandelt
Odysseus
in einen Bettler
"Aber es freute sich der göttliche Dulder Odysseus, Froh
seines Vaterlands, und küsste die nährende Erde; Gleich zu den
Nymphen betete er mit erhobenen Händen: Nymphen, Najaden,
Töchter des Zeus, ich hoffte ja nimmer, Euch je wieder zu
sehen! Seid nun mit frommen Gebeten Mir gegrüßt! Bald bringen
wir euch Geschenke, wie ehmals, Wenn mir gnädig hinfort Zeus'
beutebringende Tochter Selber zu leben vergönnt und den lieben
Sohn mir gedeihen lässt!" (Odyssee, Dreizehnter Gesang, Vers
353-360, Homer) Die Phäaken wollten Odysseus nicht
aus seinem tiefen Schlummer wecken und so trugen sie ihn schlafend
vom Schiff an das Ufer. Als Odysseus erwachte, befand er sich
endlich auf Ithakas Boden. Doch er erkannte seine Heimat nicht,
denn Nebel lag über der ganzen Landschaft. Er stieß auf einen
Hirtenknaben, der ihm zu seinem großen Staunen erzählte, wo er
war. Noch größer war sein Staunen, als sich dieser Hirtenknabe in
die göttliche Athene verwandelte. Er fiel auf die Knie und küsste
den Boden seiner Heimat. Athene berichtete ihm von den
schrecklichen Zuständen in seinem eigenen Haus. Denn als er nicht
aus dem Krieg um Troja heimgekehrt war, hielt man ihn für tod. Und
so kamen aus ganz Ithaka viele Fürsten in das Haus des Odysseus
und warben um die Hand von seiner Frau Penelope. Seit drei Jahren
trieben sie schon ihr Unwesen auf dem Hof des Odysseus und zehrten
von seinen Gütern. Penelope hatte sie bisher mit einem Trick
hinhalten können. So wollte nicht eher eine Entscheidung unter den
Freiern treffen, bis sie das Totenhemd für ihren Schwiegervater
Laertes zu Ende gewebt hatte. Am Tage arbeitete sie an dem Gewand.
In der Nacht jedoch trennte sie es heimlich wieder auf. Er
dankte der Göttin Athene für die Warnung. Gemeinsam beratschlagten
sie, wie er sich dieser aufdringlichen Freier entledigen sollte.
Da verwandelte die Göttin ihn in einen runzeligen Greis, damit er
sich unerkannt durch das Land bewegen konnte. So
verkleidet traf er auf seinen treuen Knecht Eumaios. Dieser
erkannte den armen Wanderer nicht und bot ihm freundlich Speisen
und Trank an. Zu ihnen stieß Telemachos, Sohn des Odysseus, der
gerade von seiner Reise zu Menelaos zurückgekehrt war. Vergeblich
hatte er dort nach dem Verbleib seines Vaters geforscht.
Odysseus, der Bettler, wolle sich erheben und dem Königssohne
Platz machen. Dieser wehrte ab und setzte sich auf einen
Reisigsack zu ihnen. Er versprach dem vermeintlichen armen Greis
ihn in seinem Haus mit Kleidung und Nahrung auszustatten. Dann bat
er Eumaios, Penelope seine Rückkehr zu melden. Auf diesen
Augenblick hatte die Göttin Athene gewartet und mit ihrem
Zauberstab verwandelte sie Odysseus in seine eigene Gestalt
zurück. Staunend betrachtete ihn Telemachos, der glaubte, einen
Gott vor sich zu haben. Unter Tränen rief ihm Odysseus zu, „Dein
Vater bin ich, um den du so lange getrauert hast." Da hielten sich
Vater und Sohn innig umschlungen. Gemeinsam planten sie
die Vergeltung an den frechen Freiern. Odysseus mahnte seinen Sohn
zur Verschwiegenheit. Niemand dürfe von seiner Rückkehr wissen,
auch sein Vater Laertes und seine Frau Penelope nicht. Und so gab
ihm Athene die Gestalt des greisen Bettlers zurück, damit er
weiterhin unerkannt bleiben konnte.
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