Keltische Mythologie
Parzival und die Gralssuche |
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Die Burg des Fischerkönigs

Der Antiochia-Kelch, 500 Jhd., wurde
von vielen als der Heilige Gral verehrt
Es verfließen aber die Monate der jungen Ehe
und Parzival beginnt inmitten seines Glückes an seine Mutter zu
denken, die noch immer in ihrer Waldeinsamkeit darbt. Nie
wieder, seit er sie verlassen, hat er von ihr gehört, und so
macht er sich denn auf, sie zu besuchen.
Da er vermeint, den Weg genau zu kennen, reitet er
abseits der großen Straße, quer durch immer unwirtlicher werdendes Gelände,
bis er endlich an ein Gewässer gelangt, in dem ein paar Männer - wohlhabende
Ritter, will es ihm scheinen - recht lustlos ihre Netze zum fischen
ausgeworfen haben. In einem der Boote sitzt ein kostbar gekleideter Ritter,
doch scheint er krank; so bleich, so schwach, von so vielen Polstern
gestützt sitzt er da.
Parzival grüßt, empfängt herzlichsten Gegengruß; fast
scheint es, man habe ihn erwartet, so seltsam sehen ihn die Männer an;
irgendetwas scheint an ihm, dass verborgene Hoffnungen belebt. Er wird ob
dieser unerklärlichen Haltung ihm gegenüber unwirsch, will nur noch nach
langem Ritt zu einer gastlichen Herberge gelangen, wird aufs
allerdringlichste mehrmals auf die nahe stehende Burg verwiesen; der
Pförtner werde ihn aufs herzlichste empfangen, wenn er angibt, vom Fischer
geschickt zu sein … und so geschieht es auch. Was bleibt ihm eine andere
Wahl: weit und breit ist keine andere Nächtigungsmöglichkeit, doch
beschließt er bei sich, am anderen Morgen diesen seltsamen Ort schnellstens
zu verlassen, der ihm allmählich so unheimlich erscheint. Ist er wirklich
noch in seiner Welt, oder ist er an einen gänzlich anderen Ort gelangt, an
dem ihm unbekannte Gesetze herrschen mögen…?
Er wird wie ein lang ersehnter Ehrengast behandelt, die
Königin sendet ihm einen kostbaren Mantel als Geschenk, versehen mit dem
gleichen Emblem, einer eingestickten silbernen Taube, das hier alle tragen,
der König selbst, Amfortas, lässt ihn zum Abendessen bitten.
Parzival gelangt in einen reich und kostbar geschmückten
Saal; und wahrhaftig: der Mann an der Stirnseite der Halle, der König, ist
der Fischer, den er am Nachmittage getroffen! Er winkt Parzival zu sich, auf
dem Weg durch die Halle verneigen sich alle Anwesenden tief vor ihm. Und
wiederum ist Parzival verwirrt und verunsichert: was hat er getan, solche
Ehren zu verdienen? Und auch der König grüßt ihn nun mit Freude und
Ehrerbietigkeit…
Nun jedoch tritt jemand in den Saal, der so gar nicht in
die allesbeherrschende Pracht zu passen scheint: ein Knappe ist es, der
einen alten zerbeulten Harnisch trägt und in der Hand eine Lanze hält.
Langsam schreitet er durch den Saal, gelangt zum Hochsitz des Königs; kurz
zögert er vor Parzival, scheint auf etwas zu warten. Alle scheinen mit einem
Male auf etwas zu warten. Parzival wirft einen Blick auf die Lanze: die
Spitze ist gefärbt wie von getrocknetem Blut … aber was geht ihn das an?
Der Knappe schreitet vorbei.
Durch eine andere Tür tritt nun ein Zug junger Mädchen in
den Saal, immer zwei nebeneinander im gleichen weißen Gewand, Blumenkränze
im Haar. Die ersten tragen einen Tisch mit elfenbeinernen Füßen und einer
geschliffenen Platte, den sie vor dem Könige hinstellen, die nächsten
stellen goldene Leuchter mit brennenden Kerzen darauf, wieder andere
kristallene Trinkgefäße, goldene Schüsseln und allerlei kostbares
Tischgerät. Zuletzt folgt eine wunderschöne Jungfrau in grünem Samtgewand,
mit einer Krone auf dem Haupt, die etwas in den Händen hält, das Parzival
nicht genau erkennen kann. Es sieht aus wie eine große glänzende Schale, von
der ein überwältigendes Leuchten ausgeht.
Jeder im Saal hat nun die wunderbarsten Speisen vor sich,
bis auf den König, vor dem nur ein Stück Brot liegt. Und noch immer ist
nichts von einer fröhlichen Stimmung zu verspüren.
Die Hohe Königin trägt wortlos mit ihrem Gefolge den Gral
wieder fort. Und für einen Augenblick erhascht Parzival, als er ihr durch
die sich schließende Tür nachblickt, einen Blick auf ein kleines Gemach, in
dem auf einem Ruhebett ein Greis mit langem weißen Haar schläft.
Der Knappe im zerbeulten Harnisch bringt Parzival nun ein
kostbares Schwert; dieses ist ein Geschenk von Amfortas. Er bedürfe dessen
nicht mehr, da das Unheil über ihn gekommen sei.
Und auch dieses Geschenk nimmt Parzival fraglos hin,
begibt sich dann zur Nachtruhe, aus der er am nächsten Morgen nach unruhigen
Träumen erwacht und eine verlassene Burg vorfindet.
Nur fort von hier, fort von diesem unheimlichen,
rätselhaften Ort so denkt er und flieht aus der Burg, so schnell ihn sein
treues Ross trägt. Nur der alte Knappe zieht hinter ihm die Zugbrücke hoch
und ruft ihm noch eine Verwünschung hinterher.
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