Nordische Mythologie
Die Nibelungen |
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Siegfried und Brunhild
(Fortsetzung der Nibelungen mal anders)
Brunhild war eine sehr streitsüchtige Maid
(Illustration von Arthur Rackham, 1900)
VORBEMERKUNG
Die Art der Fortsetzung eines laufenden Texts
die nun folgt, mag vielleicht etwas ungewöhnlich erscheinen,
jedoch denke ich, der Zweck wird bald klar werden. Lange habe ich
mit mir gerungen, wie ich den jetzt folgenden äußerst wichtigen
Abschnitt aus Siegfrieds Leben schildern soll und ausgerechnet
hier ließen die Quellen mich im Stich oder widersprachen sich
teilweise sogar. Kurz: ich fühlte mich verraten. Und so beschloss
ich denn, einfach diese Quellen selbst zu zitieren und dabei
gleich noch für den interessierten Leser einen kleinen Einblick
in die faszinierende Welt des Mittelhochdeutschen zu geben. Aber
lest doch selbst...
FORTSETZUNG
Es ist noch immer lebhaft bestritten, wie viel
von der Wölsungen – beziehungsweise Nibelungensage
nordgermanischen, wie viel deutschen Ursprungs sei [...] fest
steht aber, dass (es) ursprünglich deutsche Sagen waren, welche
aus Deutschland nach Skandinavien getragen und dort erst
umgestaltet wurden. Es ist hier nicht der Ort, darauf einzugehen,
in welcher Weise dies, namentlich durch Anknüpfung von Sigmund an
die älteren Wölsungen-Ahnen, geschah. Die mythologische
Grundlage der deutschen Siegfriedsage ist die Gestalt eines,
Baldur gleichen, Frühlingsgottes, der den Drachen, den
Winterriesen, tötet, aber selbst in der Blüte der Jahre getötet
wird. Geschichtliche Züge traten hinzu [...] das uns erhaltene
mittelhochdeutsche Nibelungenlied nun unterscheidet sich in sehr
wesentlichen Dingen sowohl von der nordischen Wölsungensage, als
von der ursprünglichen althochdeutschen Fassung der
Siegfriedsage.
Die ganze Vorgeschichte, welche zwischen
Siegfried und Brunhild spielt, ist der mittelhochdeutschen
Dichtung fremd: also der erste Ritt Siegfrieds durch die
Waberlohe, Brunhilds Erweckung, die Verlobung der beiden. Daher
bedarf es nun freilich keines Zauber- und Vergessenheits-Trankes,
um Siegfried zu Worms mit Kriemhild (der Gudrun der Wölsungen) zu
verloben: allein es fehlt nun durchaus an jedem ausreichenden
Beweggrund für Brunhildens Hass gegen Siegfried und ihr Begehren nach
seinem Tod.
Zum Vergleich und besseren Textverständnis nun
der Mittelhochdeutsche Text (in Auszügen) mit Übersetzung:
Iteniuwiu mære-sich huoben über Rîn,
man seite, daz da wære-manec schœne magedîn.
der dâhte im eine erwerben-Gunther der künec guot.
dâ von begunde dem recken-vil sêre hôhen der muot.
Ez was ein küneginne-gesezzen über sê,
ir gelîche-was deheiniu mê.
si was unmâzen schœne-vil michel was ir kraft;
si schôz mit snellen degenen-umbe minne den schaft.
Den stein warf si verre-dar nâch si wîten spranc.
Swer ir minne gerte-der muose âne wanc
driu spil an gewinnen-der vrouwen wol geborn:
gebrast im an eime-er het daz houbet verlorn.
Und nun die Übersetzung:
Wieder neue Märe, erhob sich über Rhein:
Man sagte sich, da wäre, manch schönes Mägdelein.
Sich eins davon zu werben, sann Gunther, der König gut.
Davon begann den Recken, gar hoch zu heben sich der Mut
Es war eine Königin, gesessen über Meer,
Ihr zu vergleichen, war keine andre mehr.
Schön war sie aus der Maßen, gar groß war ihre Kraft;
Sie schoss mit schnellen Degen, um ihre Minne den Schaft.
Den Stein warf sie ferne, nach dem sie weithin sprang;
Wer ihrer Minne gehrte, der musste sonder Wank
Drei Spiel ihr abgewinnen, der Frauen wohlgeboren;
Gebrach es ihm an einem, so war das Haupt ihm verloren.
König Gunther, an dessen Hof zu Worms
Siegfried nun weilt, hört nun von dieser streitbaren Maid und
möchte sie zur Frau. Siegfried verspricht ihm seine Hilfe, wenn
er dafür Gunthers Schwester Kriemhild zur Frau erhält. Dieses
wird ihm versprochen und die beiden Männer machen sich mit
Gefolge auf den Weg zur Burg Isenstein, wo Brunhild herrscht.
Siegfried spricht:
Ich will iu helden râten-ir habet einen muot,
ir jehet al gelîche-jâ dunket ez mich guot.
swenne wir noch hiute-vür Prünhilde gân,
sô müezen wir mit sorgen-vor der küneginne stân.
Sô wir die minneclîchen-bî ir gesinde sehen,
sô sult ir helde mære-wan einer rede jehen:
Gunther sî mîn hêrre-unde ich sîn man;
Des er hât gedingen-daz wirt allez getân.
[...]
Jâne lobe ichz nicht sô verre-durch die liebe dîn,
sô durch dîne swester-daz schœne magedîn.
diu ist mir sam mîn sêle-und sô mîn selbes lîp;
ich wil daz gerne dienen-daz si werde mîn wîp.
Und wieder die Übersetzung:
Ich will euch Helden raten, seid all von einem Mut
Und sprecht in gleichem Sinne, so dünkt es mich gut.
Denn wenn wir heute, vor Brunhilden gehen,
So müssen wir in Sorgen, vor der Königstochter stehn.
Wenn wir die Minnigliche, bei ihren Leuten sehn,
Sollt ihr erlauchte Herren, nur einer Rede stehn:
Gunther sei mein Lehnsherr, und ich ihm untertan;
So wird ihm sein Verlangen, nach seinem Wunsche getan.
[...]
Wohl tu ich’s nicht so gerne, dir zu lieb allein,
Als um deine Schwester, das schöne Mägdelein.
Die ist mir wie die Seele, und wie mein eigner Leib;
Ich will es gern verdienen, dass sie werde mein Weib.
Brunhild begrüßt nun Siegfried freundlich,
doch der macht sie darauf aufmerksam, dass er nur als Lehnsmann
König Gunthers zugegen sei, der gekommen sei, um sie zu freien.
Um Brunhild heiraten zu dürfen, müssen drei Prüfungen bestanden
werden: in Steinwerfen, Weitsprung und Speerwurf muss man die
Königin besiegen, sonst ist das Leben verwirkt.
Die Königin besitzt übermenschliche Kräfte
und auch Gunther könnte ihr nicht standhalten, doch Siegfried
besitzt ja noch seine Tarnkappe ... Mit ihrer Hilfe steht er
unsichtbar Gunther zur Seite und Brunhild wird besiegt. Diese
schäumt vor Wut, auch ahnt sie, dass etwas nicht mit rechten
Dingen zugegangen sein kann, doch hat sie keine Beweise und muss
ihren Schwur erfüllen und Gunther als seine Braut nach Worms
folgen. Noch viel Unheil wird aus dieser List entstehen...
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